50 Jahre Mardran

In Sunville angekommen, fühlte ich mich gleich wieder wohl. Es war ruhig. Die Leute waren freundlich und keiner erkannte mich. Ich begab mich in den Saloon und ließ mir etwas zu trinken bringen. Auch Peggy, meine Nichte erkannte mich nicht. „Hallo, haben sie vor, länger zu bleiben? Wir haben Zimmer zu vermieten.“ fragte sie mich. „Ich weiß noch nicht. Vielleicht. Aber ein Zimmer wäre nicht schlecht. Kann man oben auch ein Bad nehmen?“ fragte ich, obwohl ich wusste, dass man sich hier nur waschen konnte und ich in das Wasserhaus gehen musste. „Nein, dafür müssen sie in unser Wasserhaus am Ende der Straße gehen. Das kann ich nur empfehlen. Dort können sie auch gleich ihre Wäsche waschen lassen. Sieht ein wenig staubig aus.“ Sie lächelte mir zu. Ich lächelte zurück: „Das hört sich gut an. Gibt es dort auch eine so hübsche, nette Bedienung, wie hier?“ Sie wurde rot. „Danke. Nein, dort arbeitet ein Cousin von mir. Aber nett ist er auch.“
Ich ließ mir ein Zimmer geben, flirtete noch ein bisschen mit Peggy und ging dann mit Ersatzkleidung rüber in mein altes Wasserhaus. Ein tatsächlich netter junger Mann empfing mich und erklärte mir, was ich alles nutzen konnte. Natürlich wusste ich das alles, aber das konnte ich ihm nicht sagen. So ließ ich mich rumführen und entschied mich für ein ausgiebiges Bad und ließ meine Wäsche vor der Tür liegen, damit er sie mir währenddessen waschen konnte. Bezahlt hatte ich schon im Voraus. Diesmal mit Geld, das ich in Martentown in einer Bank gegen Gold eingetauscht hatte. Ich hatte immer noch ein paar kleine Stücke übrig, da ich die meiste Zeit für Geld gearbeitet hatte.
Das Bad war einfach himmlisch. Ich genoss es, endlich wieder in einer meiner alten Badewannen zu liegen. Früher hatte ich hier oft gelegen. Später, als Maggie und ich älter wurden, hatten wir den Saloon und das Wasserhaus an Peggy und Miles unsere Nichte und unseren Neffen abgegeben. Sie sorgten fortan weiter für unser Wohlergehen. Wir lebten weiter in meinem Haus, bis Maggie starb. Ich schaute aus dem Fenster. Ich hatte mir extra das Badezimmer mit Fenster geben lassen. Ich sah in der Ferne die Berge. Ich schloss die Augen und schaute auf mein Leben zurück. Nicht nur auf mein Leben hier im Dorf, weiter, viel weiter. Ich erinnerte mich wieder an meine alten Freunde, an den alten Marschall Elijah Bradlan und die Aufgabe, die ich von ihm übernommen hatte, und mir kam eine Idee. Ich hatte auf einmal einen Plan.
Es war keine normale Mission. Es war ein gigantisches Unternehmen, das ich vorhatte, aufzubauen. In meiner Vergangenheit hatte ich immer wieder alleine und später mit kleinen Gruppen die Aufgaben von galaktischen Marschalls übernommen. Diesmal sollte es größer werden. Ich wollte nicht nur mit ein paar Schiffen unkoordiniert durchs All fliegen. Diesmal wollte ich Mutterschiffe, die fest stationiert waren. Missionsschiffe, die feste Regionen betreuten und vieles mehr. Ich wollte Mannschaften aufbauen, die sich um die Schiffe kümmerten und Mannschaften, die für die Missionen verantwortlich waren. Ich brauchte für beide Mannschaften Regelwerke, Ausbildungsmöglichkeiten und vor allem Schiffe. Das würde nun also die nächst Aufgabe sein: Schiffe und Crews zu organisieren.
Das Bad war wie ein Jungbrunnen für mich. Ich verließ das Wasserhaus und verbrachte nur noch eine Nacht über dem Saloon. Am nächsten Tag wollte ich aufbrechen. Auf einmal hatte ich es eilig. Ich verkaufte mein Pferd, mit dem ich gekommen war mit der Begründung, dass ich mit der Postkutsche weiterreisen würde und das tat ich auch. Doch im nächsten Ort stieg ich aus und ließ mich in einer dunklen Ecke auf mein Schiff holen. Ich setzte Kurs und verließ nach etwa fünfzig Jahren Mardran, einen Planeten, der mir zu einer zweiten Heimat geworden war.

Ende

Chronologie IV (Neuanfang)