Zwischenstand

Wir trafen uns auf der Brücke. John stand neben dem Captain-Stuhl, auf dem Mike saß. Sie drehten sich nur kurz um, denn auf dem Hauptschirm war schon die Brücke der Mochton zu sehen. Captain Nedal saß ebenfalls auf seinem Stuhl. Von den Marschalls war nichts zu sehen. Dafür schob sich der Funker Leutnant Lorb ins Bild und schaute zu uns rüber. „Ja, ja, so sind die Damen!“ meinte er. „Bau schon mal die Verbindung auf. Wir sind gleich da.“ Er grinste. Ich lächelte und erwiderte: „Ist doch schön, daß wir uns auch ab und zu mal sehen können. Einfach so, völlig belanglos.“ „Das ist auch wieder war. Dann war das von Frein wahrscheinlich sogar Absicht. Wegen der sozialen Geschichte oder so.“ John beteiligte sich: „Das wird´s sein, Jo. Damit wir uns besser kennenlernen.“ Wir lachten alle. In der letzten Zeit hatten wir genug Zeit miteinander verbracht, aber es war trotzdem schön, mal ohne Zeitdruck ein wenig zu plaudern. Das lockerte alles etwas auf. Dann kamen die beiden Marschalls auf die Brücke. Lucie ergriff sofort das Wort: „Hey Jungs, wartet ihr schon lange?“ Wir schauten uns gegenseitig an und lachten. Ich meinte nur: „Kam uns zumindest nicht lange vor, Lucie. Aber kommen wir zur Sache.“ Auch sie wurde ernst und meinte: „Richtig. Frein, dein Part!” Sie sah zu Frein rüber, die kurz an der taktischen Konsole arbeitete. Frein drehte sich um und übernahm: „Ja, vielen Dank für das Treffen. Da bei uns nicht allzuviel rausgekommen ist, möchte ich das auch gleich abhaken.“ Sie berichtete kurz von den drei Gruppen, die unabhängig voneinander recherchiert hatten und im Grunde nur herausbekommen hatten, daß der Untergrund mehr oder weniger harmlos wäre und mit Sicherheit nicht mit den Überfällen in Zusammenhang standen. Sie schloß mit den Worten: „Das Interessanteste kam eigentlich bei dem Treffen von Agent Torgran heraus. Sie war mit ihrem Team in der Bibliothek. Sie soll Trachtar Grüße von Klada Hokam ausrichten.“ Mittlerweile wußten alle, daß mein früherer Name Trachtar war. Alle Blicke richteten sich auf mich. Ich erinnerte mich: „Klada . . . sie war damals noch ein Kind. Ich wußte nicht, daß sie überlebt hat.“ Ich schaute in die Runde und merkte erst jetzt, daß mich alle beobachteten. „Danke Frein. Ich muß sie mal besuchen. Hat sie noch was gesagt?“ Frein antwortete: „Nein. Laut Mara hätte sie dabei nur gelächelt.“ „Danke. Es hat sich wohl schon rumgesprochen, daß ich wieder da bin. Ok.“
Dann sprach uns Frein an: „Was hat sich bei euch so ergeben? Sind alle Bojen verteilt?“ John gab das Wort schnell an mich weiter: „Ja, natürlich. Sollten diese fremden Schiffe auch nur in die Nähe der Routen kommen, werden wir informiert. Aber wenn ich das richtig mitbekommen habe, hat Elijah etwas rausgefunden.“ Wieder sahen alle zu mir. Ich begann: „Das ist korrekt. Ich habe mir in meinem alten Schiff, dem Rettungsboot, diverse Dinge angeschaut. Unter anderem habe ich mir die alten Aufzeichnungen der Systeme und Schiffs-Signaturen angeschaut und mit unseren heutigen verglichen. Dabei sind mir erstaunliche Dinge aufgefallen.“ Ich machte eine Kunstpause. Frein wurde nervös und hakte nach: „Ja und was?“ Auch John drehte sich zu mir: „Na los, erzähl schon.“ Ich fuhr fort: „Erstmal zu den Systemen: In meinen alten Karten von vor dem damaligen Überfall der Talloggs waren zwei entferntere Systeme besiedelt, die in den heutigen Karten nicht einmal eingezeichnet sind. Sollten die Aufzeichnungen darüber tatsächlich durch die Zerstörungen verlorengegangen sein, hatten sie seit ca. 50 Jahren keinen Kontakt mehr zu den beiden Systemen. Da der Funk über diese Distanz damals nicht möglich war und diese Außenposten evtl. keine eigenen Schiffe hatten, könnte das durchaus sein.“ Ich machte eine Pause. Lucie fing an: „Das ist definitiv interessant.“ Frein stimmte sofort ein: „Das dürfte sogar äußerst relevant sein. Egal, ob es aus der damaligen Zeit Überlebende gibt, dort wäre das perfekte Versteck.“ Unser Captain Mike Presch fragte nach: „Du sagtest erst mal. Hast du noch mehr gefunden?“ Auch wenn ich geplant hatte, daß Marschall- und Schiffs-Team getrennte Zuständigkeiten bekommen sollten, waren wir alle noch ein gemeinsames Team. Ich schaute zu ihm rüber und antwortete: „Das ist korrekt, Mike. Und zwar geht es um die Signaturen, die man uns zur Verfügung gestellt hatte. Man hatte nur herausgefunden, daß sie nicht mit den hiesigen Schiffen überein stimmen. Ich habe sie mit Signaturen aus meiner alten und der aktuellen Datenbank verglichen. Sie stimmen zu 81,4% mit den Signaturen der Talloggs überein.“ Das wollte ich erst mal sacken lassen. Tatsächlich war es einen Moment still. Dann war es an Frein, zu antworten: „Das war ja eigentlich zu erwarten. Aber warum nur zu 81,4%?“ „Ich nehme mal an, es liegt daran, daß sich die Signaturen bereit etwas aufgelöst hatten, als die Schiffe der Milbaraner sie fanden. Ansonsten könnten sie in den letzten 50 Jahren ihre Antriebe weiterentwickelt oder einfach nur modifiziert haben.“ John schaltete sich ein: „Das könnte sein. Aber wir hatten sowieso mit den Talloggs gerechnet. Dann sollten wir uns wohl die beiden Systeme mal ansehen, oder?“ Wieder übernahm Frein: „Genau. Elijah? Gibt es ein System, das du dir ansehen willst?“ Ich überlegte: „Nein, eigentlich nicht. Melantara kenne ich persönlich gar nicht und Plantorus kenne ich auch nur aus dem Schiff. Wir mußten dort damals etwas liefern, aber ich war nicht unten. Insofern ist es mir egal.“ Frein nickte. „Egal, ihr fliegt nach Plantorus, wir übernehmen Melantara. Wir haben ein neues Ziel. Ich hasse es, zu warten. Die Routen werden überwacht, wir untersuchen diese Systeme. Danke Elijah, gute Arbeit.“ Ich grinste: „Danke.“ Frein schaute verlegen, als sie bemerkte, zu wem sie das gesagt hatte. Ich zwinkerte ihr zu und John übernahm: „Wie sagtest du gerade so schön: wir haben ein Ziel. Dann los.“ Frein antwortete: „Genau. Wer am Ziel ist, meldet sich. Viel Erfolg. Bis bald. Ende.“ Die Verbindung war unterbrochen. John und ich schauten uns an und lächelten. Ich meinte: „Ich finde, sie macht das gut. Und daß sie ihren Vorgesetzten lobt, zeigt doch, daß sie in ihrer Rolle ist.“ „Ja, das finde ich auch. Aber es war süß gerade.“ Wir lächelten beide, dann gab John den Befehl an Mike, Kurs auf Plantorus zu nehmen. Der fragte mich: „Hast du die Daten von deinem Schiff übertragen?“ „Ich habe alle Daten der alten Karten mit unseren abgeglichen. Sollte dabei sein.“ „Danke.“ Mike gab die Order an den Steuermann weiter, der den Kurs schon längst eingegeben hatte und nur auf den Befehl wartete. Eben ein eingespieltes Team. Sekunden später waren wir auf Kurs nach Plantorus.

*

Talloggs