Das fremde Schiff

Unten angekommen trennten sich die beiden Teams und schauten sich trotz der Scans aufmerksam nach allen Seiten sichernd um. Es war eine schöne Welt. Die Botanik ähnelte den meisten anderen humanoiden Welten, die ich bisher kennengelernt hatte. Tiere waren nur wenige zu sehen. Die meisten flüchteten, als unsere Teams in ihre Nähe kamen. Durch die Scans wussten wir, dass es auch größere Spezies gab, doch nicht in dieser Gegend. Vielleicht hatte die Crew des abgestürzten Schiffes darauf geachtet, nicht zwischen größeren Tieren runter zu kommen. Die Teams hatten den Auftrag, sowohl die direkte wie auch die weitere Umgebung zu erkunden. Sollte es keine weitere Bedrohung geben, sollten die nächsten Teams runter gehen, sich das Schiff ansehen. Ich wusste von Marschall Briggs, dass sie damals nur nach Überlebenden gesucht und sich auch nur kurz im Schiff umgeschaut hatten. Sie hatten die Bordsysteme nicht sofort zum Laufen gebracht, so waren sie wieder abgeflogen. Das wollten wir nicht. Ich hatte es zur Mission gemacht, intensiv nach der Crew zu suchen und ebenfalls die Bordsysteme mit Hilfe unserer Technologie wieder in Betrieb zu nehmen und so viel wie möglich an Informationen über das Schiff und dessen Zivilisation zu bekommen.
Etwa eine Stunde später trafen sich MA Standar und MA Boseh wieder am Schiff und gaben uns Bescheid. „Marschall-Agent Boseh an Arrowhead.“ „Hier die Arrowhead. Was gibt´s?“ fragte Leutnant Gartess. „Beide Teams sind zurück am Schiff. Keine außergewöhnlichen Ereignisse.“ informierte MA Boseh. „Alles Ok für Phase zwei.“ Marschall Briggs kam an den Funk: „Danke Agent. Ich schicke die nächste Truppe runter. Sie sichern trotzdem weiter die Umgebung. Briggs Ende.“ Die direkte Anrede ‚Agent‘ hatte ich als Unterscheidung zum Marschall so vorgegeben und es war kürzer als Marschall-Agent und besser, als die Kurzform MA. Marschall Briggs rief über den Bordfunk: „Team Zwei? Bereit?“ Leutnant Montain, der die zweite Gruppe leiten sollte, antwortete: „Ja Sir. Wir sind bereit. Fünf Mann mit Gerät.“ Die zweite Gruppe bestand ausschließlich aus Leuten der Schiffscrew. Ihre Aufgabe sollte es sein, die Systeme des fremden Schiffs wieder zum Laufen zu bringen. Wieder nickte Briggs dem Captain zu und dieser gab das Kommando weiter, die zweite Crew runter zu schicken.
Die Crew um Leutnant Montain machte sich sofort auf den Weg in das fremde Schiff. Natürlich waren Raumschiffe grundsätzlich von Spezies zu Spezies unterschiedlich gebaut, aber die Logik bestimmte doch immer wieder eine gewisse Grundaufteilung der wichtigsten Systeme. So fanden sie sehr schnell den Maschinenraum und machten sich an die Arbeit. Es dauerte nicht lange, bis sie der Arrowhead meldeten, dass die Energiesysteme absolut leer waren. Captain Presch ließ KIM einen Notstrom-Energie-Generator auf den Planeten schicken. Sie koppelten den Generator mit den Bordsystemen und schon sprangen die ersten Lichter an. Stück für Stück schalteten sich alle Bordcomputer ein und fingen an, ihre Arbeit aufzunehmen. Das Belüftungssystem sprang ebenfalls an. Sofort prüfte ein Ingenieur die erzeugte Luft. Nicht jede Spezies benötigt die gleiche Zusammensetzung. Doch es war ungefährlich.
Leutnant Montain ging mit Kreft Sandor, einer Sicherheitskraft, die er von draußen geholt hatte, durch die Gänge des Schiffs. Seine Ingenieure untersuchten weiterhin die Geräte und versuchten mit den fremden Schriftzeichen klar zu kommen. Montain öffnete nach und nach die Türen der Räume. Das funktionierte wieder einwandfrei. Sie sahen in Quartiere, Lagerräume und fanden sogar eine Küche. Nach einer Weile erreichten sie die Brücke. Alles machte den Anschein, dass die Fremden ebenfalls Humanoide gewesen sein mussten. Sie sahen sich weiter um und Montain setzte sich in den Captainsstuhl. „Kein schlechtes Schiff.“ sagte er. „Sie sollten das lieber nicht tun.“ gab Kreft Sandor zurück. „Wieso nicht? Meinen Sie, mir passiert etwas auf dem Chefsessel?“ fragte Montain. „Ich weiß nicht, aber wir sollten lieber nichts anfassen.“ „Ok, ok, dann nicht.“ Montain stand wieder auf. Er suchte den Funk. Als er ihn fand, hatte auch er mit den fremden Zeichen Probleme. Er konnte natürlich alles durchprobieren, aber das wollte er seinen Leuten überlassen. Er nahm seinen Kommunikator und rief unser Schiff.
„Leutnant Montain an Arrowhead.“ rief er. Gartess antwortete: „Hier die Arrowhead. Was gibt´s?“ Ich hörte diesen Spruch schon wieder und dachte so bei mir: ‚Das muss er vor dem Spiegel geübt haben.‘ „Die Systeme laufen hier soweit wieder. Ich befinde mich gerade mit einem Kreft auf der Brücke. Auch hier blinkt alles. Vielleicht kann KIM mal versuchen, sich in´s System zu hacken.“ „Moment.“ antwortete Gartess. Diesmal übernahm Captain Presch: „Ok, danke. Ich werde KIM instruieren. Bitte vorerst nichts weiter anfassen. Wir werden versuchen uns von hier drauf zu schalten.“

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Ein grausamer Fund