Verschollen

Nachdem unsere Koordinatorin Peggy Stander mit Agent Torgran und Leutnant Montain ein größeres Team ausgewählt hatte, begann die intensive Planung. Die Standorte der einzelnen Gebäude, Tunnel und Verbindungen wurde festgelegt, Material bei den verantwortlichen Stellen unserer Verbündeten geordert und Minister Tragal gebeten, sein sogenanntes Fabrikschiff zu schicken. Ich hatte mich mit Frein Nobbs auf der Mochton in Verbindung gesetzt: „Hallo Elijah.“ Begrüßte sie mich, als sie mich sah. Ich hatte das Gespräch in mein Büro legen lassen. Ich erwiderte: „Hey Frein. Ich habe eine Bitte.“ „Nur zu.“ „Ich möchte, dass ihr in jedes der vier Systeme eine unserer Bojen platziert und sie so konfiguriert, dass unsere Verbündeten in der Lage sind untereinander und mit uns über den Subraum zu kommunizieren. Und aktiviert die Kurz- und Langstreckenscans mit automatischer Übertragung zu uns. Mike meinte, er könne die Systeme der Bojen replizieren. Wir werden sehen, dass wir selber neue bauen. Wir werden hier einige als Schutz und ebenfalls für die Kommunikation um Tollax platzieren.“ „Geht klar. Hab auch schon an etwas Ähnliches gedacht. Bisher ist alles ruhig. Ich hab beide Britoner zum Schutz für das Transportschiff abgestellt. Wir halten alle Augen und Ohren offen.“ „Danke dir. Grüß Lucie.“ „Mache ich – und du John und so . . .“ Wir winkten uns noch lächelnd zu und ich kappte die Verbindung. Jetzt ging es tatsächlich los. Ich war sehr gespannt.
Das Fabrikschiff kam nach fast vier Wochen an. Unser Team hatte bereits einen geeigneten Landeplatz ausgewählt und gab dem Schiff Order, dort zu landen. Captain Presch und Leutnant Montain, unsere beiden Ingenieure, hatten die Zeit genutzt und waren mit der Britoner 2, die uns seit ein paar Wochen mit Arbeitskräften und Material versorgte, mit einer unserer Bojen zur mittlerweile fertig gestellten Werft der Platroner gereist. Dort ließen sie die Einzelteile davon in größerer Stückzahl replizieren und zusammenbauen. Zeitgleich waren verschiedene Teams unserer Krefts und Robots am Boden von Tollax dabei, die Gelände vorzubereiten. Auch hier wurden wir mit Maschinen von Platron unterstützt. Es lief alles, wie am Schnürchen. Wie besprochen, wurden für die Wasseraufbereitung und Energieversorgung des Hauptgebäudes tiefe Keller ausgehoben. Ich wollte die Technik ebenfalls dort unten unterbringen. Dann wurden die ersten Fertigteile aus dem Fabrikschiff mit Shuttles gebracht und montiert. Es dauerte nur zwei Tage, bis von den Kellern nichts mehr zu sehen war. Alle Anlagen waren bereits untergebracht.
Das Erdgeschoss war gerade am Entstehen, als ich einen Anruf bekam. Ich saß in meinem Büro und ging Berichte durch. Es war einer unserer Agents von der Brücke der Fabrik: „Marschall Bradlan? Ich bin Agent Trakles.“ Ich antwortete: „Agent? Was kann ich für sie tun?“ „Ich habe schlechte Nachrichten, Sir.“ Ich hob die Brauen und er fuhr fort: „Es sollten heute zwei weitere Transportschiffe mit Material für die Fertigteile eintreffen. Sie hätten bereits vor Stunden da sein müssen. Vielleicht verspäten sie sich auch, aber vielleicht auch nicht.“ „Nein, es ist gut, dass sie mich informieren. Aber wie kann das sein?“ fragte ich. „Ich denke, wir begleiten sie.“ „Ja, Sir, aber nicht die komplette Strecke. Die Britoner 4 und 5 haben sie noch in den Subraum begleitet, sind dann aber wieder zurück geflogen, um dort die nächsten beiden zu begleiten.“ „Wann war der letzte Kontakt mit den Schiffen?“ „Leider kurz bevor sie in den Subraum flogen. Sie haben noch keine Subraumkommunikation.“ „Verstehe. Danke für die Nachricht. Ich übernehme das.“ „“Aye, Sir.“ „Bradlan, Ende.“
Ich nahm sofort Kontakt mit der Mochton auf und informierte Marschall Maggan: „Frag bitte nach, ob die nächsten Schiffe noch bei euch sind oder schon unterwegs im Subraum?“ Lucie ließ das ihren Funker Leutnant Lorb sofort prüfen, dann antwortete sie: „Sie sind noch hier. Sollen wir sie stoppen?“ „Nein, aber die Britoner sollen sie bitte komplett begleiten und die Augen offen halten. Ich hoffe, es sind nicht wieder die Talloggs im Spiel. Schick bitte zusätzlich die Machtes auf die Suche. Alle nur möglichen Scans. Ich schicke ihr die Drachtur entgegen. Ein Tipp: Sie sollen auf der Suche ein Sublevel tiefer fliegen, als die Transportschiffe. Scans in eine höhere Ebene sind effektiver.“ Lucie sah mich erstaunt an. „Ok, gebe ich weiter. Das wusste ich auch noch nicht.“ „Danke, Lucie. Meldet euch, wenn ihr was hört. Ende.“ „Ok, Ende.“ Ich schaute auf den leeren Monitor und sagte: „KIM? Bitte eine Verbindung mit der Drachtur.“ „Ja, Sir.“ Ich hatte Marschall Kontess auf der anderen Seite. Auch er war in seinem Raum. „Marschall Bradlan?!“ „Marschall Kontess, die beiden Transportschiffe werden vermisst. Fliegen sie bitte die Route ab.“ Ich erklärte ihm kurz das Gleiche, wie Marschall Maggan. Er fragte: „Was ist mit unserem Auftrag, Tollax zu kartographieren? Wir sind demnächst fertig.“ „Das muss warten Marschall. Fliegen sie bitte sofort los. Wir kümmern uns um ihre Leute auf dem Planeten.“ „Ja, Sir. Ende.“ Marschall Kontess hatte die Verbindung schon unterbrochen. Ich hatte ein komisches Gefühl, was ihn anging. Aber jetzt hatte er erst mal seinen Auftrag. Ich würde ihn im Auge behalten.
Ich nahm Kontakt mit Peggy auf: „Hallo Peggy. Weißt du schon Bescheid wegen der Transportschiffe?“ Sie schaute mich mit großen Augen an. „Nein, Elijah. Was ist passiert?“ „Genaues wissen wir noch nicht. Sie werden vermisst.“ Nachdem ich auch Peggy informiert hatte, fragte ich sie: „Wie lange kommt ihr mit der letzten Lieferung aus?“ „Bei dem Fortschritt noch ungefähr zwei Tage, dann wird es eng.“ Antwortete sie. „Wir können aber einige andere Arbeiten vorziehen. Die Technik muss ja auch noch eingebaut werden.“ „Ok, veranlasse alles Nötige. Die nächste Lieferung ist unterwegs. Die Transportschiffe sind zwar schneller, als das Fabrikschiff, aber drei Wochen werden sie auch brauchen.“ Peggy schaute mich an, dann sagte sie: „Vielleicht müssen wir das Material gar nicht aus der Milbara-Galaxie kommen lassen. Unsere Ingenieure testen gerade ein Gestein aus einem System in der Nähe. Es hat keinen bewohnbaren Planeten, aber Platron betreibt auf einem der Planeten seit einiger Zeit Bergbau. Es ähnelt sehr dem, das wir hier nutzen.“ Ich nickte. „Das wäre nicht schlecht. Gib dem Priorität. Vielleicht müssen wir sogar darauf zurückgreifen.“ Sie nickte ebenfalls. „Ok, mache ich. Ansonsten sieht es hier schon sehr gut aus. Ich habe gestern mein neues Büro im Hauptgebäude bezogen.“ Ich unterbrach sie: „Ja, ist mir aufgefallen. Und wo schläfst du? Immer noch im Container?“ „Nein! Wir haben die oberste Etage vorläufig mit Quartieren ausgestattet. Eigentlich sollten die Gebäude für die Quartiere mit der nächsten Lieferung fertig gestellt werden. Mein Stab bleibt aber noch eine Weile hier wohnen. Ist einfacher.“ „Kein Problem. Du bist da der Chef.“ „Wenn du magst, lasse ich dir auch ein Quartier einrichten. Es sind noch genug Räume frei.“ Wir lächelten beide. Ich musste das Gespräch beenden. „Mal schauen. Ich muss mich um die Frachter kümmern. Wir melde mich wieder.“ „Immer wieder gerne, Elijah.“ Sie lächelte mir noch zu und ich winkte zurück. Dann war der Kontakt unterbrochen. Ich musste mich kurz sammeln um mich dann wieder meiner Aufgabe zu widmen.
Die Drachtur flog den Kurs, den die Transportschiffe nehmen sollten, Richtung Milbara-Galaxie ab. Marschall Kontess stand neben den taktischen Konsolen und wartete darauf, dass Leutnant Ontarus endlich eine positive Meldung machte. „Können sie schon etwas entdecken, Leutnant?“ „Nein, Sir. Tut mir leid, aber die Spuren, die wir scannen, sind schon älter. Sie müssen vom Fabrikschiff stammen.“ Der Marschall schaute unzufrieden. „Scannen sie weiter.“ Meinte er schroff. „Aye, Sir.“ Auch Captain Winara stand auf der Brücke. Sie gab zu bedenken: „Agent Nobbs empfahl uns, die Bojen als Netz auszuwerfen, um so eine größere Reichweite zu erreichen.“ Marschall Kontess drehte sich verärgert zu ihr. „Ich weiß. Das brauchen wir aber nicht. Wir befinden uns genau auf der Route und unsere Langstreckenscanner reichen vollkommen aus. Wir müssen nur die Augen offen halten. Benachrichtigen sie mich, wenn sie was haben. Ich bin in meinem Raum.“ Damit verschwand er von der Brücke. Leutnant Ontarus und Captain Winara schauten sich kopfschüttelnd an. Sie sagte nur: „Sie haben es gehört: Augen offen halten.“ „Ja, Sir.“ antwortete er.
Auch die Machtes hatte kein Glück obwohl Marschall Montaner den Rat von Agent Nobbs befolgt hatte. Er ließ Captain Isaness vier Bojen aussetzen, die das Schiff in einem großen Abstand begleiteten, um so den Scanradius zu erweitern. Sie hatten die Transportschiffe und die beiden Britoner schon eine Weile hinter sich gelassen und flogen der Drachtur entgegen. Captain Isaness stand neben Leutnant Kniwal, der an den taktischen Konsolen saß. „Bericht?“ fragte er kurz. Leutnant Kniwal antwortete ohne sich umzudrehen: „Nichts, Sir.“ Die beiden kamen aus den Reihen Milbaras und hatten schon früher zusammen gearbeitet. Der Captain drehte sich zu Marschall Montaner, der seinen Stuhl eingenommen hatte, und schüttelte den Kopf. „Irgendetwas?“ fragte Montaner. Der Leutnant drehte sich um „Ich sehe die Spuren der Schiffe, aber nichts Ungewöhnliches, Sir. Wir sind auf dem richtigen Kurs.“ Montaner nickte. „Ok! Captain? Kommen sie mit, was essen?“ Captain Isaness drehte sich kurz zum Leutnant und nickte ihm zu, dann sagte er zu Montaner: „Ich komme.“ Die beiden verließen die Brücke und gingen in die Kantine.
So vergingen zwei Tage, ohne besondere Vorkommnisse. Die beiden Marschalls hielten mich auf dem Laufenden. Ich besichtigte die Bauarbeiten auf Tollax. Zwei Wohnkomplexe waren gerade im Bau. Einer sollte gerade fertig werden. Für den anderen fehlte Material, das von den Frachtern kommen sollte. Ich lief über die Baustelle, als mein Kommunikator vibrierte. Ich öffnete einen Kanal: „Marschall Bradlan hier.“ Es war wieder Agent Trakles: „Sir! Die beiden Schiffe sind aufgetaucht.“ Ich schaute meinen Kommunikator an, dann antwortete ich überrascht: „Wie? Wo? Was ist passiert.“ Er antwortete: „Sie hatten unterwegs eine Panne, Sir. Sie mussten im Subraum stoppen. Bei den Reparaturen müssen sie vom Kurs abgekommen sein. Sie sind etwa drei Lichtjahre hinter uns aufgetaucht.“ Ich schüttelte erleichtert den Kopf. „Na, Gott sei Dank. Wissen unsere Schiffe schon Bescheid?“ „Nein, Sir. Ich habe sofort sie informiert. Soll ich sie informieren?“ „Danke, das übernehme ich gerne.“ antwortete ich ihm. „Sie können bitte der Koordinatorin Bescheid sagen, dass ihr Material doch noch kommt.“ „Ja, Sir. Gerne.“ Dann beendeten wir das Gespräch und ich ließ mich auf mein Schiff holen. Vom Transporter Raum lief ich sofort in meinen Bereitschaftsraum. Dort angekommen rief ich: „KIM, gib mir bitte die Drachtur und die Machtes.“ „Ja, Sir.“ Kurz darauf hatte ich beide Brücken auf dem Schirm. Bevor einer der Marschalls einen Bericht abgeben konnte, eröffnete ich: „Abbruch! Die Schiffe sind unversehrt aufgetaucht. Sie hatten eine Panne und sind im Subraum vom Kurs abgekommen.“ Marschall Montaner reagierte als erstes: „Dann müssen sie aber weit abgekommen sein, wenn die Drachtur sie trotz erweitertem Radius nicht ausgemacht hat.“ Ich nickte und antwortete: „Ja, wir werden die Logbücher der beiden Frachter auswerten lassen.“ Ich sah, dass Captain Winara leicht mit dem Kopf schüttelte, sagte aber erst mal nichts dazu. Dafür sagte ich: „Marschall Montaner? Sie fliegen bitte zurück in die Milbara-Galaxie. Eins der Britoner soll ebenfalls umkehren. Das andere soll ruhig weiter begleiten. Das werden wir auch so beibehalten.“ Marschall Montaner nickte und antwortete: „Ja, Sir. Ist ja noch mal gut gegangen.“ Ich nickte ebenfalls. „Marschall Kontess? Sie kommen auch zurück. Ich erwarte von allen entsprechende Berichte. Bradlan Ende.“ Ich sah noch kurz das Gesicht von Marschall Kontess. Es wirkte etwas besorgt. Was war da jetzt schon wieder los? Aber ich wartete die Berichte ab.

*

Entscheidungen