Neue Verbündete

Ich erinnerte mich. Trantara war schon damals eine unserer Siedlungen gewesen. Wir brauchten etwa drei Tage zum benachbarten System. Da wir keine Rücksicht auf die beiden Begleitschiffe nehmen mussten, konnten wir schneller fliegen. Da wir so viele Helfer, wie möglich im Trantara-System zurück gelassen hatten, flogen wir nur mit einer kleinen Mannschaft. Leutnant Gartess musste daher sowohl den Funk, als auch die taktische Konsole bedienen. Er schickte schon aus der Ferne eine Begrüßung auf verschiedenen Frequenzen an den Planeten. Es dauerte wieder einige Zeit, bis wir Antwort bekamen. Gartess schaltete laut: „Hallo Arrowhead, wir hören sie. Wer sind sie und was wollen sie?“ Die Stimme klang ziemlich unfreundlich. Ich schaute zu John und fragte: „Darf ich?“ Er schaute mich verwundert an. „Natürlich darfst du. Es ist dein Schiff.“ Ich versuchte zu erklären: „Das dort unten ist Lunara, der ehemalige Urlaubsplanet von dem Volk eines guten alten Freundes. Dazu kommt, dass er durch genau diese aggressive Spezies ums Leben kam, dessen Schiffe wir gerade erobern.“ John sah mich sprachlos an. Auch die anderen auf der Brücke sahen auf einmal rüber. Diese Geschichte hatte ich noch nie erzählt. Doch da ertönte schon wieder die Stimme aus dem Lautsprecher: „Ich wiederhole: wer sind sie und was wollen sie? Wenn sie nicht antworten, sehen wir die Annäherung als kriegerischen Akt an und werden entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen.“ Ich übernahm den Funk und antwortete: „Hier spricht Marschall Elijah Bradlan von der Arrowhead. Wir gehören zur Galactic Marschall Organisation und sind hier, um Hilfe für ihr Nachbar-System Trantara zu erbitten.“ Einen Moment war Stille. Dann sprach die Stimme, deren Namen wir immer noch nicht kannten: „Sagten sie gerade Marschall Elijah Bradlan?“ „Ja, das sagte ich.“ Ich war gespannt, was jetzt kam. Dieser Name schien hier noch bekannt zu sein. Zwar war damals die Heimatwelt vom alten Bradlan zerstört worden, aber es gab Überlebende auf den zwei anderen besiedelten Systemen, wie hier auf dem ehemaligen Urlaubsplaneten. „Das kann nicht sein.“ sprach die Stimme wieder. „Marschall Bradlan starb vor über fünfzig Jahren im Krieg mit den Talloggs. Sein Schiff wurde völlig zerstört.“ Ich schaute kurz in die Runde. Meine Freunde warteten genauso gespannt auf meine Antwort, wie mein Gesprächspartner am Funk. „Das ist wahr.“ begann ich. „Das Schiff von Marschall Elijah Bradlan wurde in der Schlacht vor seinem Heimatplaneten, Milbara zerstört. Er starb in meinen Armen. Bevor ich seine schwindende Lebensenergie in mich aufnahm, versprach ich ihm, seinen Kampf um Gerechtigkeit in seinem Namen weiter zu führen. Damals hieß ich Trachtar.“ Auf einmal war es still. Damit hatte keiner gerechnet. Ich fuhr fort: „Ich habe eine Organisation gegründet, die Galactic Marschall Organisation, deren Aufgabe es ist, im All für Recht und Ordnung zu sorgen. Das Schiff, mit dem wir jetzt hier sind, gehörte früher den Talloggs. Es ist das Schiff, dass Marschall Bradlan´s Crew damals Jahre vor dem Krieg erobern konnte.“ Ich erzählte weiter, wie wir vor kurzem auf die drei Schiffe stießen und anschließend zum Trantara-System flogen, um nach dem Rechten zu sehen. Ich schloss mit den Worten: „Nun sind wir hier, um sie um Unterstützung zu bitten. Ich glaube, ich hatte vorhin ihren Namen nicht verstanden.“ „Oh, Ich bin Commander Hallert. Ich hatte ihn auch nicht erwähnt. Entschuldigung. Sie sind tatsächlich Trachtar? Ich habe einige Geschichten von damals gehört. Sie sollen ja unsterblich sein.“ Ich lächelte. Das Eis war gebrochen. „Na, wir wollen nicht gleich übertreiben. Unsterblich bin ich nicht, aber ich lebe tatsächlich schon sehr lange. Aber wie gesagt, ich führe jetzt den Namen Bradlan und leite die Marschall Organisation. Wäre es möglich, dass sie ein Treffen organisieren? Dann würden wir mit einem Shuttle landen und unser Anliegen noch einmal ganz offiziell vorbringen.“ „Aber ja, selbstverständlich. Ich werde sofort unseren Kanzler informieren und melde mich dann wieder bei ihnen.“ „Das wäre nett. Bradlan Ende.“ „In Ordnung, Hallert Ende.“ Die Verbindung war unterbrochen und ich drehte mich um. Die gesamte Crew starrte mich an. John sprach als erster: „Die Geschichte erzählst du uns aber noch mal genauer.“ Ich lächelte: „Natürlich. Ich glaube, das bin ich euch schuldig. Aber später.“ John nickte: „Das will ich meinen.“ Dann machten wir uns fertig für den Besuch auf Lunara.
Ich flog mit John und zwei Krefts in der Hauptstadt von Lunara. Nachdem ich sie vorgewarnt hatte, nahm ich im Shuttle das Aussehen des alten Marschall Bradlan an. Sie schauten verwirrt, aber John hatte zumindest schon mal erlebt, wie ich zu Energie wurde. Ich wollte den Leuten im richtigen Aussehen gegenüber treten. Wir durften direkt auf dem Dach des Regierungsgebäudes landen und wurden dort von einigen Soldaten und ein paar Regierungsmitgliedern erwartet. Sie führten uns in einen kleinen Saal, in dem uns Kanzler Mondo und weitere Regierungsmitglieder empfangen. An den Wänden standen weitere bewaffnete Soldaten. So ganz traute man uns wohl doch noch nicht. Doch man schien mich wieder zu erkennen, oder besser mein Aussehen. Der Kanzler empfing uns mit den Worten: „Ich wollte es nicht glauben, aber sie sind es wahrhaftig. Willkommen Trachtar . . . oder besser Marschall Bradlan. Ich freue mich, sie persönlich kennen zu lernen.“ Ich grüßte zurück: „Vielen Dank, Kanzler. Es ist schön, wieder hier zu sein. Viel ist passiert. Ich möchte ihnen meine Freunde vorstellen, mit denen ich jetzt arbeite.“ Ich erzählte auch dem Kanzler und seinem Gefolge kurz meine Geschichte und den Grund, warum wir gekommen waren. Sie waren sofort bereit, dem befreundeten Planeten zu helfen. Wie erfuhren, dass es in diesem Teil der Galaxie noch immer den Bund der Planeten gab. Man nannte ihn allerdings die Vereinigten Planeten. Außerdem gab es noch die Sicherheitsdivision, für die ich damals mit Marschall Bradlan einige Jahre gearbeitet hatte. Zu den Vereinigten Planeten gehörten noch zwei andere Systeme, die allerdings einige Tage entfernt lagen. Dazu gehörte auch das Barantus-System, in dem Milbara, die Heimat des alten Bradlan, lag. Lunara, der ehemalige Urlaubsplanet war mittlerweile ein ganz normal bewohnter Planet geworden. Viele der damaligen Überlebenden hatten sich hier niedergelassen. Der Name Lunara ergab sich der Legende nach daher, da der Planet drei Monde um sich vereinte, was ihn damals zu einem beliebten Urlaubsziel machte. Die Sicherheitsdivision hatte sich allerdings nie wieder völlig erholt. Die großen Schlachtschiffe waren zerstört worden und es wurden keine neuen mehr gebaut. Die Ressourcen wurden für den Wiederaufbau der Planeten und ihrer Städte benötigt. Es gab jetzt nur noch kleine Schiffe, die zwischen den Systemen kreuzten und mehr als Transportschiffe dienten, als dass sie in einer Schlacht hätten bestehen können.
Kanzler Mondo stand auf und verabschiedete uns mit den Worten: „Ich werde ihnen Captain Grenold und meinen Attaché Hummar mitgeben. Sie kennen den Weg nach Milbara und Trobara und man kennt sie dort. Ich werde außerdem ein Empfehlungsschreiben an die beiden dortigen Kanzler mitgeben. Dann werden sie es dort leichter haben. Und während sie unterwegs sind, werden wir alle verfügbaren Kräfte und Ressourcen mobilisieren und uns schon auf den Weg nach Trantara machen.“ Auch wir standen auf und ich antwortete: „Kanzler Mondo, ich freue mich auf diese Zusammenarbeit. Ich möchte mich schon an diesem Punkt bedanken. Wir werden uns ebenfalls auf den Weg machen. Die Zeit drängt. Die Leitung unserer Teams auf Trantara hat Marschall Maggan. Wenn sie dort ankommen, sollten sie sich mit ihr in Verbindung setzen. Wir werden sie soweit in Kenntnis setzen. Wir kommen dann nach, ob wir nun von Milbara und Trobara weitere Hilfe bekommen oder nicht.“ Der Kanzler sah mich ernst an und meinte: „Sie werden Hilfe bekommen. Verlassen sie sich darauf. Wir alle sind Mitglieder im Planetenbund.“ Ich nickte und antwortete nur: „Ok.“ Dann machten sich alle auf den Weg.
Leider hatte man in dieser Galaxie noch keinen intergalaktischen Funk entwickelt. Also mussten wir beide Systeme selber anfliegen. Wir flogen zuerst nach Milbara. Ich erkannte den Planeten nicht wieder. Man hatte die Städte neu erbaut, aber es erinnerte nichts an früher. Auch hier durften wir am Regierungsgebäude landen. Der Kanzler hatte Recht. Alleine die Anwesenheit Captain Grenolds und des Attaché Hummars brachte uns ohne weitere Diskussionen direkt in das Büro des Kanzlers. Wir setzten uns an einen großen Konferenztisch und ich erzählte – diesmal in Kurzform – unser Anliegen. Allerdings kam ich auch dieses Mal nicht drum rum, auch meine Geschichte – natürlich ebenfalls in kürzerer Form – zu erzählen. Auch Kanzler Brinard sicherte uns seine Hilfe zu und ließ alles Notwendige vorbereiten. Wir machten uns auf den Weg zum letzten System nach Trobara. Auch von hier bekamen wir sofort Hilfe. Sie schickten alle möglichen Schiffe mit Vorräten, Technik und allem, was nötig war los und auch wir flogen nun zurück in das Trantara-System.
Nach knapp zwei Tagen kamen wir dort wieder an. Wir waren dank unseres Subraumfluges schneller als die Schiffe von Milbara und Trobara. Im System sahen wir dafür schon die Schiffe aus dem Lunara-System. Ich ließ Leutnant Gartess eine Verbindung zu Lucie auf der Britoner 4 herstellen. „Hallo Elijah, schön, dass ihr wieder da seid. Hier sind schon alle fleißig. Ich habe das Hauptkommando an Captain Wustro von Lunara übergeben. Er ist der Leitende Offizier der Sicherheitsdivision und damit verantwortlich für alle Mitgliedsplaneten des Planetenbundes. Ich halte mit ihm Kontakt, und spreche mit ihm die Einsätze der verschiedenen Teams ab, auch unserer. Ich hoffe das ist so ok.“ „Hallo Lucie. Das ist perfekt. Es ist ihr Planetenbund. Wir übernehmen die Führung nur, wenn es nicht anders geht oder sie es so wollen.“ Lucie lächelte. Es war ihr anzusehen, dass sie erleichtert war. „Das stimmt. Was ist mit den letzten Systemen? Wollten die nicht?“ „Doch, sie kommen bestimmt auch bald an. Wir sind mit SL5 geflogen.“ „Verstehe. Klar da seid ihr um einiges schneller. Wir haben hier schon einiges auf den Weg gebracht, aber es ist nach wie vor jede Hilfe willkommen. Ich treffe mich in etwa zwei Stunden wieder mit dem Captain auf Trantara. Kommst du auch runter?“ „Auf jeden Fall. Ich bringe John mit. Dann können wir mit Captain Wustro besprechen, wie wir den Rest der Mannschaft auch mit einbinden können.“ „In Ordnung. Wir sehen uns dann unten.“ „Yupp.“
Die verschiedenen Teams schafften es tatsächlich innerhalb von ein paar Wochen eine gewisse Grundstruktur wieder herzustellen. Alles Weitere musste die Zeit bringen. Aber es war schön zu sehen, dass dieser Planetenbund funktionierte. Auch die Zusammenarbeit unserer Teams mit denen des Bundes funktionierte reibungslos. Ich war sehr zufrieden. Noch während des Wiederaufbaus fanden weitere Gespräche mit Vertretern aller Systeme statt, in denen wir noch einmal ausführlicher unsere neuen Aufgaben, die der Galactic Marschall Organisation, erläuterten. Wir boten an, mit ihnen und evtl. weiteren Systemen dieser Galaxie ein Bündnis einzugehen, wie wir es vor kurzem schon mit John´s Planeten getan hatten. Wir bekamen nicht nur Zuspruch, man bot uns sogar an, Personal für die drei eroberten Schiffe zur Verfügung zu stellen. Insgesamt bekamen wir rund dreihundert Leute aus den vier Welten zusammen, die wir nicht nur auf die neuen Schiffe, sondern auch auf unser erstes Schiff, die Arrowhead, verteilten. Lucie übernahm die Führung eines neuen Schiffes und nahm einen Teil ihrer alten Crew mit. John bekam von mir ebenfalls diese Option, doch er wollte weiter mit mir arbeiten. Dafür empfahl er Mitglieder seiner alten Crew für entsprechende Führungspositionen auf den beiden anderen Schiffen.
Nun hatten wir auf einmal vier gute Schiffe zur Verfügung. Auf jedem eine Mannschaft von 85 – 90 Mitgliedern. Damit ließ sich arbeiten. Das war mehr, als erwartet. Wir begannen unsere ersten Missionen mit 32 bzw. 48 Mitgliedern auf der Arrowhead. Doch dieser Vorfall zeigte uns, dass wir noch lange nicht für einen größeren Einsatz wie hier vorbereitet waren. Wir hatten dieses Mal Glück, dass uns die anderen Planeten unterstützten. Deshalb waren auch die Bündnisse mit den Systemen so wichtig. Je mehr Mitglieder wir in unser Bündnis bekamen, desto größer unsere Chancen, etwas zu bewegen. Und dieses Mal hatten wir sogar einen ganzen Planetenbund dazu gewonnen.
Die drei neuen Schiffe wurden allerdings vor ihrem Einsatz vollständig geprüft, die Daten gesichert, die Computer wie bei der Arrowhead neuinstalliert, damit uns keine unliebsamen Überraschungen passieren sollten. Bei den Überprüfungen der Daten stellten wir fest, dass die Fremden nicht die ursprünglichen Eigentümer der Schiffe waren. Diese waren schon vor tausenden von Jahren ausgestorben, und hatten ihre Schiffe in einem System in einer fernen Galaxie hinterlassen. Die aktuellen Mannschaften waren Zigeuner, die durch die Systeme flogen und zufällig auf diese Schiffe gestoßen sein mussten. Deshalb hatte die damalige Crew der Arrowhead vermutlich noch wenig Erfahrung mit dem Schiff gehabt. Dank der neuen Erkenntnisse fanden wir noch verschiedene andere Fähigkeiten der Schiffe heraus, auf die wir vielleicht nur durch Zufall oder gar nicht gestoßen wären. Denn bei der Übernahme der Arrowhead wurden damals die Computer zu vorschnell komplett gelöscht, ohne vorher die Daten zu sichern.
Es war leider nicht ersichtlich, wie viele Schiffe es insgesamt geben sollte, aber es sollte dort auch eine Werft geben. Das wollten wir herausfinden – in einer anderen Mission.
Und was wurde aus den alten Besatzungen der drei Schiffe? Nun, die flogen noch eine Weile in unseren Speichern spazieren . . .

Ende

Chronologie IX (Die GMO – Basis)