Erstes Treffen

Auf einem der mittleren Decks gab es einen geeigneten Tagungsraum. Er lag in der Nähe der Quartiere unserer Gäste. Auch der große Besprechungsraum neben den Bereitschaftsräumen wäre groß genug, aber der sollte den Crews für Missionsbesprechungen vorbehalten bleiben. Außerdem lag eine Kantine in unmittelbarer Nähe des Tagungsraums, sodass die Versorgung der Teilnehmer perfekt gewährleistet war. Wir hatten einige Crewmitglieder dafür abgestellt, sich während der Tagung um das Wohl unserer Gäste zu kümmern. In Zukunft sollten wir das in unsere Personalplanung einbeziehen. Wir brauchten echte Köche und sowas wie Küchenpersonal. Sie sollten der Schiffscrew unterstellt sein. Doch diesmal mussten wir improvisieren.
Ich traf als letzter ein. Meine Führungsoffiziere hatten die Order, als erstes anwesend zu sein und die Gäste in Empfang zu nehmen. Ich begab mich an die Spitze des Tisches und nahm Platz Zwei der Delegierten standen noch neben ihren Plätzen und unterhielten sich leise. Als sie bemerkten, dass es leise im Raum wurde, setzten auch sie sich schnell hin. Ich goss mir etwas Wasser in ein Glas, nahm einen kleinen Schluck, und stand wieder auf. Ich schaute in die Runde und dachte so bei mir: ‚Faszinierend. Zwei Spezies aus zwei unterschiedlichen Galaxien und sie könnten miteinander verwandt sein.‘ Dann begann ich: „Willkommen auf der Arrowhead. Ich bin Marschall Elijah Bradlan von der Galactic Marschall Organisation. Vielleicht können auch sie sich kurz vorstellen.“ Ich schaute nach links. Dort saß Marschall Jonathan Briggs. Er nickte, stand auf und stellte sich kurz vor. Nach ihm kamen Captain Mike Presch, die Delegierten Minister Lotar Tragal und Katon Notos von Milbara, die Minister Kurtus Lesal und Hantin Demestar von Trobara, die Minister Starc Goras und Darkar Stannes von Lunara und die Minister Lomarc Kantes und Francist Gumusus von Trantara, die Sekretäre Markos Kortos und Lukaas Nandress, Kanzler Manuell Bose und Stabscheffin Peggy Standar von Platron, Marschall Lucie Maggan und Captain Frank Nedal an die Reihe, sich vorzustellen. Ich bedankte mich für dies Vorstellungsrunde und fuhr fort: „Ich habe dieses Treffen einberufen, um über die Planung und den Bau einer neuen Basis für unsere Organisation zu diskutieren. Diese Basis wird nicht nur der GMO, sondern auch unseren neuen Verbündeten als Anlaufpunkt bei Problemen dienen. Können wir auf die Ressourcen aller Beteiligten zurückgreifen, sind wir mit der Fertigstellung aller notwendigen Abteilungen der Basis um einiges schneller fertig und können sie eher nutzen.“ Ich machte eine kurze Kunstpause und lies das Gesagte sacken. Dann fuhr ich fort: „Was brauchen wir auf einer Basisstation? Einen Kommandostab, eine Ausbildungsstätte, zentrale medizinische Einrichtungen, Forschungseinrichtungen und im Orbit eine Schiffswerft. Ein geeigneter Planet wurde bereits gefunden. Ich habe entsprechende Unterlagen vorbereiten lassen. Sie enthalten alle Bilder, Scans und diverse Szenarien und Alternativen.“ Wieder machte ich eine kurze Pause. Dann beendete ich meine Ansprache: „Wir möchten sie bitten, sich diese Unterlagen in Ruhe anzuschauen und darüber nachzudenken, ob und wie sie uns bei diesem Projekt unterstützen können. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit. Ich schlage vor, wir essen dann erst mal und können hinterher gerne noch ein wenig darüber reden. Das Buffet ist eröffnet.“ Peggy klatschte und alle anderen fingen auch an, zu klatschen. Ich bedankte mich noch einmal und begab mich demonstrativ zum Buffet.
Mit einem Teller in der Hand stand ich am Buffet, doch ich kam nicht dazu, mir etwas aufzutun. Immer, wenn ich mich gerade über das Buffet beugen wollte, sprach mich der nächste Minister an, wie toll er oder sie die Idee fand. Als dann fast alle an mir vorbei waren und bereits mit ihrem Essen wieder am Tisch saßen, konnte ich mir endlich auch etwas auftun. Peggy stand neben mir und flüsterte: „Das sieh doch bis jetzt ganz gut aus.“ Ich drehte mich zu ihr und gab es auf, den Teller noch voller zu bekommen. „Hey Peggy. Ja, ich denke auch.“ flüsterte ich zurück. „Komm, lass uns was essen. Ich hab das Gefühl, es wird ein langer Abend.“ Wir lächelten uns an und setzten uns auf unsere Plätze. Wir ahnten nicht, welche Gespräche tatsächlich auf uns zukamen. Kaum hatte ich mich gesetzt, hörte ich ein „scht“ von links. Ich wollte mich schon auf den nächsten Wortaustausch einrichten, aber dort sah mich nur John ganz groß an. Er beugte sich etwas zu mir und flüsterte: „Und du bist dir ganz sicher?“ Er zeigte mit dem Kopf kurz zu Peggy und grinste. Ich glaube, ich lief rot an und erwiderte: „Jetzt hör schon auf! Schon gar nicht jetzt!“ Ich sah kurz zu Peggy rüber. Sie hatte nichts davon mitbekommen. Als ich wieder zu John sah, grinste er noch immer und ich schüttelte nur den Kopf.
Die ersten Minister und sogar der Kanzler standen schon wieder und diskutierten bereits. Da war mir der Appetit vergangen und ich stand ebenfalls wieder auf. Als die Ministerin von Trantara Francist Gumusus sah, dass ich mich wieder unter die Leute mischen wollte, rief sie in den Raum: „Entschuldigung! Können wir uns bitte alle wieder setzen. Ich habe etwas zu sagen.“ Ich schaute erstaunt in die Runde. Auch meine Freunde und Kollegen sahen ratlos aus. Wir setzten uns alle wieder und sahen gespannt zu Ministerin Gumusus. Sie blieb als einzige stehen und übernahm wieder das Wort: „Sehr geehrte Minister,“ sie schaute zu ihren verbündeten Delegierten, „verehrte Verbündete,“ Dabei zeigte sie mit offener Hand auf die Gruppe von Platron, „und natürlich unsere hochverehrten Gastgeber und Retter.“ Dabei lächelte sie unsere Leute an. „Die Vereinigten Planeten, vertreten durch die anwesenden Minister, haben sich bereits mit dem Thema beschäftigt, nachdem uns die Nachricht zu diesem Treffen erreichte. Wir, die Bewohner von Trantara, die erst vor kurzem die Erfahrung machen durften, was es bedeutet, die Hilfe anderer in Anspruch nehmen zu müssen, dürfen nun hier im Namen aller Planeten unseres Bundes sprechen. Der Wert eines Bündnisses ist definitiv unbezahlbar. Daher sind die gesamte Vereinigten Planeten stolz, Mitglied eines noch größeren Bündnisses zu sein. Partner der GMO zu sein bedeutet für uns aber nicht nur, die Früchte zu ernten. Nein, wir werden die GMO in allem unterstützen, mit allem unterstützen, was in unserer Macht liegt. Leider gibt es nun doch ein ‚Aber‘. Es gibt in unseren Territorien leider einige Unruhen. Zum einen gibt es eine rechte Bewegung, die sich massiv für unabhängige Kolonien einsetzt. Sie fordern mehr Unabhängigkeit und getrennte Regierungen. Dabei sind wir alle Milbaraner, die nur auf verschiedenen Planeten wohnen. Unsere Kanzler arbeiten im Großen und Ganzen lokal aber natürlich muss es eine gemeinsame Linie geben. Daher befürchten wir, dass sich die Bemühungen der Bewegung jetzt evtl. gegen den Zusammenschluss mit der GMO wenden werden. Und dann sind da seit über drei Jahren die ständigen Überfälle auf unsere Transportwege. Es wurden bereits einige Frachter und Linienschiffe zerstört. Vielleicht hängt das aber auch mit dem Überfall auf Trantara zusammen. Das können wir aber nicht mit Sicherheit sagen, da wir keine Aufzeichnungen über die Überfälle finden konnten.“ Maggan hob den Arm. Die Ministerin nickte ihr zu. „Ich gehe mal davon aus, dass das auch der Grund für die schnelle Abreise ihrer Schiffe war.“ Wieder nickte die Ministerin und Maggan fuhr fort: „Wie sie wissen, habe ich mit unseren Teams seit Monaten ihre Truppen auf ihrem Planeten unterstützt. Ich hätte mir gewünscht, dass wir diese Informationen bereits im Vorfeld erhalten hätten. Dafür ist ein Bund mit unserer Organisation da.“ Sie zuckte leicht mit den Schultern, lächelte die Ministerin aber an. Diese wirkte leicht verlegen. Ich war erstaunt und erschrocken. Das hatte ich gerade von Lucie nicht erwartet aber sie hatte natürlich Recht und sprach das aus, was wir vermutlich alle gerade dachten. Die Ministerin antwortete: „Sie haben natürlich Recht. Es gibt dafür keine Entschuldigung und trotzdem bitte ich sie alle darum. Es ist für uns eine ungewohnte Situation. Wir haben so etwas bisher unter uns geregelt. Wir möchten diese noch junge Zusammenarbeit mit ihnen auf jeden Fall unterstützen, doch wir haben Bedenken, was die Sicherheit dieser neuen Mission angeht.“ Ich sah, dass Lucie antworten wollte und stand auf. Alle Köpfe drehten sich zu mir. Ich hob beide Hände und begann: „Ich denke, das ist kein Problem. Genau deshalb sitzen wir hier zusammen. Es ist gut, dass sie offen zu uns sind. So können wir arbeiten.“ Ich nickte ihr zu und setzte mich wieder. Man sah ihr ihre Erleichterung an. Auch die anderen Minister schienen sich zu entspannen. Ich schaute zu Lucie. Auch sie schaute zu mir. Ein Augenzwinkern reichte zwischen uns. Das Eis dieses Treffens war gebrochen.
Da stand Kanzler Bose auf: „Als erstes möchte ich die Worte von Marschall Bradlan unterstreichen. Das Wichtigste in einem Bündnis ist die Offenheit und ich denke das heutige Treffen war ein Schritt in die richtige Richtung. Ich denke, dass unsere Hilfe und Mitarbeit selbstverständlich ist. Immerhin begleiten unsere Schiffe bereits die der GMO und unterstützten bekannter weise ebenfalls auf Trantara.“ Er lächelte zu uns rüber. „Auch wir werden den Aufbau einer GMO Basis mit allen Mitteln unterstützen. Dazu wird natürlich auch die Sicherung ihrer Schiffe gehören.“ Dabei schaute er in die Reihe der Minister. Diesmal antwortete Minister Tragal von Milbara. Soweit ich wusste, war Milbara immer noch der führende Planet des Bundes. „Marschall, Kanzler, ich danke ihnen allen für ihre Worte. Wir werden das unsere tun, dieses Projekt zu unterstützen.“ Er schaute zu Maggan. „Gerade durch die tolle Zusammenarbeit auf Trantara freuen wir uns besonders darauf.“ Sie lächelten sich an. Ich erhob noch einmal die Stimme: „Ich denke, wir sollten uns morgen früh wieder treffen, wenn sie alle Informationen gesichtet haben, die sich auf den Tablets vor ihnen befinden. In Anbetracht der neuen Informationen, ist die Tatsache, dass die Basis in unserer Galaxie entstehen soll, wohl genau richtig. Für die Sicherung der Transporte ihrer Schiffe werden wir eine Lösung finden. Ich danke allen für ihre offenen Worte.“ Diesmal bekam ich sofort von allen Applaus. Ich schaute in die Runde und blieb unwillkürlich bei Peggy hängen. Sie strahlte mich an und mir fiel wieder meine Idee ein. Ja sie könnte die Richtige sein. Ich war sehr zufrieden mit dem ersten Zusammentreffen.

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Freundschaft