Vorbereitungen

Ich ließ die vier Schiffe aufteilen. Die Mochton und die Machtes, wie auch die Britoner 4 und 5 sollten in der Milbara-Galaxie bleiben, um dort die Sicherheit der Routen und besonders der Langstrecke in unsere Galaxie, die Trigolon-Galaxie, zu gewährleisten. Auf der Mochton hatte Marschall Lucie Maggan das Kommando als leitender Marschall. Auf der Machtes hatte der neue Marschall Pitt Montaner, ein alter Freund und Kollege von unserem Captain Presch die Führung übernommen. Wir flogen mit der Arrowhead und der Drachtur unter dem Kommando von Marschall Kartan Kontess, zurück in die Trigolon-Galaxie, um uns dort den auserkorenen Planeten Tollax anzuschauen. Marschall Kontess und sein Captain Linella Winara waren bereits zu Beginn unserer Reise in die Heimat-Galaxie auf unser Schiff gewechselt, da es viel zu besprechen gab.
Ich hatte gerade die Bilder des Planeten auf einem großen Bildschirm im Besprechungsraum gezeigt, um allen einen ersten Eindruck zu vermitteln. Die meisten Anwesenden kannten einige Gebiete von Tollax bereits. Briggs´ Team hatte diesen Planeten hin und wieder als Rückzugsort genutzt. Peggy und Manuell kannten Tollax ebenfall von der Aktion, als wir Briggs Leute dort abholten. Tollax war der vierte Planet im Dorondell-System, das in der Nähe des Kastrell-Systems lag, das allerdings keinen bewohnbaren Planeten hatte. Tollax dagegen hatte alles, was wir brauchten. Die Flora und Fauna glich ein wenig einer Urzeitwelt. Es gab kein intelligentes Leben aber es gab wie fast überall fleischfressende und pflanzenfressende Tiere, aber keines davon sollte uns wirklich gefährlich werden. Ich hatte bereits ein paar Gegenden ausgesucht, wo es für uns am ungefährlichsten sein würde und alle nötigen Ressourcen vorhanden waren. Ich fragte in die Runde: „Gibt es einen Ort, der euch besonders gefällt?“ Mike war der erste, der etwas sagte: „Ich finde die Stelle, wo wir gelebt haben, sehr schön. Vor allem gibt es dort schon Gebäude.“ Wir fingen an zu lachen. Die Gebäude bestanden aus dem Schrott des abgestürzten Schiffes, mit dem sie damals dort notgelandet waren und es gab weit und breit keinen Schutz. John antwortete scherzhaft: „Dann will ich aber auch mein altes Quartier wieder haben.“ Mike viel mit ein: „Ja genau. Ich hatte ein schönes Zimmer mit Ausblick.“ Als wir uns beruhigt hatten, fügte Peggy hinzu: „Dann ist das ja schon mal geregelt. Mike und John haben ihre Unterkunft, wenn sie Tollax besuchen kommen.“ Sie lächelte die beiden an. Mike wurde unsicher. Immerhin war Peggy die neue Koordinatorin für die Errichtung der neuen Basis auf Tollax. Er meinte nur: „Naja, ich würde jedenfalls gerne mal dort vorbeischauen, wenn Zeit ist.“ Diesmal übernahm ich: „Ich denke, das ist Programm. Immerhin ist das ein Teil der Geschichte.“ Sie stimmten alle zu. Ich fuhr fort: „Gibt es sonst noch Vorschläge?“ John meldete sich: „Diese Stelle in den Bergen gefiel mir recht gut. Es ist geschützt, es gibt Wasser, und wir könnten einen Stollen in den Berg treiben, um dort wichtige Einrichtungen unterzubringen.“ Die Gruppe wurde wieder ernst. Kanzler Bose, der wieder ohne seine Sekretäre teilnahm, meinte: „Die Idee ist gut. Ich würde die einzelnen Anlagen dezentral bauen. Einen Teil in den Bergen, einen Teil am Fuß des Berges und so weiter. Ihr versteht? “ Ich übernahm wieder: „Die Idee ist gut. Darauf sollten wir aufbauen. Dann wäre die Frage nicht, wo wir bauen, sondern wo bauen wir was?“ Peggy meldete sich zu Wort: „In den Bergen sollten wir sensible Dinge unterbringen: Notunterkünfte, Notversorgung, Backups der Datenbanken und so weiter. Eine Funkanlage vielleicht sogar auf dem Berg, um auch das Gelände abdecken zu können. Alles andere könnten wir ruhig am Fuß bauen: Die eigentliche Zentrale, den medizinischen Trakt, Ausbildungsstätten. Das alles nimmt Platz in Anspruch. Wenn ich an die Sternbauweise unserer Verbündeten denke . . .“ Ich sah bewundernd zu Peggy rüber, Sie schaute mich an und grinste: „Was? Ich habe doch gesagt, ich kenne mich mit sowas aus. Ich habe auf Platron schon bei einigen Planungen mitgearbeitet.“ Briggs übernahm die Antwort: „Stimmt. Jetzt, wo du das sagst. Ich kann mich erinnern, dass du damals auf Galltron, unserem Ausbildungsplaneten, dabei warst. In dessen Orbit befindet sich auch unsere Werft.“ „Das stimmt.“ antwortete Peggy. „Ich hatte damals nicht die Leitung, aber ich habe einige Arbeiten beaufsichtigt.“ „Ist ja gut.“ fing ich an. „Ich habe doch gar nichts gesagt. Ich finde es nur toll, wie du dich gleich engagierst. Ok, stell dir ein Team zusammen. Mach eine grobe Planung und wir sprechen anschließend wieder. Die Idee mit den Bergen sollten wir auf jeden Fall übernehmen. Alle Gebäudekomplexe sollen autark sein, aber trotzdem über Energie- und Daten-Leitungen verbunden sein. Ich möchte nicht alles über Funk abwickeln. Plane offizielle und inoffizielle Tunnelsysteme ein. In den offiziellen sollten die Transportbahnen fahren. Die Idee, mit dem Backup in den Bergen ist auch gut. Plane dort ein autarkes Netzwerk, wo wir Kopien aller Berichte unserer bisherigen und zukünftigen Missionen speichern, außerdem Kopien der medizinischen Datenbank, die offizielle wird ganz normal zugängig sein und sich im medizinischen Trakt befinden. Die sternförmige Bauweise finde ich im Großen und Ganzen ok, aber schau mal, ob wir die Energieversorgung und Wasseraufbereitung auch unter den Komplexen hin bekommen. Das Hauptgebäude sollte ein größeres sein, nach oben leicht spitz zulaufend – trapezförmig. Ihr könnt alle Komplexe schon mal einplanen. Was wir am Anfang wirklich brauchen und bauen werden, müssen wir dann im nächsten Schritt schauen. “ Peggy wurde ernst: „Ist notiert. Für die inoffiziellen Arbeiten benötigen wir vertrauensvolle Arbeiter. Sonst hat sich das mit dem inoffiziell.“ Ich sah sie an: „Das ist richtig. Such dir die Leute gut aus. Im Notfall nur von unseren Schiffen. Und du kannst die Robots einsetzen. Was die allgemeine Sicherheit angeht, dachte ich daran, zwei – drei Bojen von jedem Schiff abzuziehen und um Tollax zu positionieren. Eine könnten wir zerlegen und die Systeme, wie Funk und Schirmtechnologie auf Tollax nutzen.“ Mike meldete sich zu Wort: „Das mit den Bojen für den Schirm ist ok, aber ich kann die Technologien der Bojen replizieren, dann müssen wir keine opfern. Außerdem kennen sich Leutnant Montain und ich uns mit den Systemen des Schiffes schon ganz gut aus. Immerhin ist er unser leitender Ingenieur und war ich als erster Offizier auch Ingenieur.“ Ich nickte. „Dann machen wir das so. Wir treffen uns die Tage bestimmt noch das eine oder andere Mal.“ Marschall Kontess sagte: „Sir, wir wollten sie noch kurz sprechen.“ Ich schaute zu Kontess und Captain Winara rüber. Sie hatten sich beide die ganze Zeit zurück gehalten. „Gut. Kommen sie mit in meinen Raum.“ Ich stand auf, zwinkerte Peggy noch zu und ging vor. Die beiden erhoben sich und folgten mir in meinen Bereitschaftsraum.
Ich setzte mich an meinen Tisch und bot den beiden die Plätze auf der anderen Seite des Tisches an. „Nehmen sie Platz. Was kann ich für sie tun?“ „Marschall?“ fing Marschall Kontess an, „wir haben einige Fragen, was unsere Position und den allgemeinen Umgang untereinander angeht.“ Ich schaute etwas verwundert und ermutigte ihn: „Dann los!“ Er fuhr fort: „Uns ist aufgefallen, dass die Mannschaften sich alle ‚duzen‘ – auch ihre Vorgesetzten. Wir finden, dass das nicht gut für die Moral ist, sich zu verbrüdern.“ Ich musste schmunzeln und erwiderte: „Ja, unsere Leute sind diesen persönlichen Umgang gewohnt. Ich finde das nicht tragisch. Es gibt Sprachen im Universum, in denen die Unterscheidung gar nicht vorgesehen ist. Wichtig ist der Respekt untereinander. Jeder hat seine Aufgabe und ist ein wichtiges Mitglied. Wir haben unsere Untergebenen genauso zu respektieren, wie sie uns. Dann spielt es auch keine Rolle, wie ich jemanden anspreche. Sie können das auf ihrem Schiff aber gerne handhaben, wie sie wollen. Wenn ihre Crew einige Abenteuer hinter sich gebracht hat, werden sie vielleicht auch anders darüber denken. “ „Nun, ich arbeite schon lange im Militär. Ich denke eher nicht. Aber danke Sir.“ „Marschall, wir sind hier nicht im Militär. Unser Aufgabengebiet erstreckt sich über die verschiedensten Gebiete. Es wird nicht immer nur geschossen.“ Ich machte eine kurze Pause. Captain Winara nickte. Ich nahm an, sie verstand. „Gerade wir Marschalls müssen ein Gespür dafür entwickeln, wann wir Macht demonstrieren müssen, wann wir ein Freund und Helfer sein müssen, wann wir brüllen oder wann wir trösten müssen. Wer sich da an einem ‚Du‘ stößt und auf die Einhaltung gewisser Regeln besteht, wird schnell an Grenzen stoßen. Denken sie darüber nach.“ Marschall Kontess wurde rot. Er verstand, was ich meinte. Ich fragte nach: „Wenn ich das richtig verstanden hatte, gab es noch ein Thema.“ Da der Marschall gerade einen Dämpfer bekommen hatte, sah ich Captain Winara an. Sie machte mir einen offeneren Eindruck. Sie antwortete: „Sir, wir wollten fragen, ob es für die leitenden Offiziere noch andere Schulungen gibt, als die, die wir mit den anderen zusammen gemacht haben?“ dabei sah sie leicht verlegen nach unten. Ich hielt einen Moment inne. Dann sah ich sie beide nacheinander an und sagte: „Jein. Jedenfalls nicht so, wie sie sie gerade hinter sich haben. Wir haben vor, auf Tollax Schulungen für jeden Bereich und jede Position einzurichten. Doch bis dahin wird das etwas anders laufen. Jeder, der an einer Mission teilgenommen hat, ist verpflichtet, anschließend einen Missionsbericht abzugeben. Die leitenden Offiziere lesen sich diese Berichte durch und führen dann eine Missions-Besprechung durch. Dabei werden auch alternative Möglichkeiten diskutiert. Das versuchen wir natürlich auch schon während einer Mission, doch manchmal muss man schnelle Entscheidungen treffen. Und wie wir wissen, sind wir alle nicht unfehlbar.“ Die beiden schauten mich mit großen Augen an. Ich hatte das Gefühl, alles, was ich ihnen sagte, widerspräche dem, was sie in ihrer alten Militärausbildung gelernt hatten. Daher sagte ich auch: „Nun, lösen sie sich von dem Gedanken, wir wären hier beim Militär. Wir können alle nur besser in unserem Job werden, wenn wir immer weiter daran arbeiten. Wir alle lernen durch unsere Missionsbesprechungen. Das sind unsere Schulungen. Unser Ziel sollte es immer sein, den vernünftigsten Weg für alle Beteiligten zu finden.“ Marschall Kontess gab kleinlaut zu: „Sie haben Recht, Sir. Wahrscheinlich bin ich zu sehr vom Militär geprägt. Ich hoffe, sie nehmen mir das nicht übel.“ „Auf keinen Fall.“ Ich lächelte ihm zu. „Nehmen sie unser Gespräch einfach als ihre erste Schulung, als konstruktive Kritik.“ „Danke, Sir. Wir sind dann erstmal wieder auf unserem Schiff.“ „Alles klar. Wir sehen uns spätestens auf Tollax.“ Der Marschall stand auf und wandte sich zur Tür. Captain Winara blieb noch sitzen. Sie schaute zu ihm und sagte: „Gehen sie ruhig schon vor. Ich habe noch ein technisches Problem.“ Marschall Kontess schaute verwundert, drehte sich dann aber um und verließ den Raum. Sie drehte sich wieder zu mir und stotterte etwas: „Sir, ich weiß nicht, wie ich es sagen soll.“ „Am besten einfach raus.“ Versuchte ich sie lächelnd zu ermutigen. „Naja, Oberst Kontess , äh Marschall Kontess hat gewisser maßen darauf bestanden, dass wir gemeinsam zu ihnen kommen. Im Grunde genommen sehe ich auch kein Problem darin, wie wir hier miteinander umgehen. Aber er wollte, dass ich mitkomme, da ich doch der Captain bin.“ Ich hob die Hand. „Ich denke, da haben wir auch schon das Problem. Sie sehen in ihm immer noch den Oberst, ihren Vorgesetzten. Das ist nicht mehr der Fall. Sie sind der Captain auf dem Schiff. Der missionsführende Marschall hat ihnen nur missionsrelevante Kommandos zu geben oder gibt einen Kurs vor. Nicht mehr. Ansonsten sind sie der Boss auf dem Schiff. Er ist nicht ihr Vorgesetzter. Sie befinden sich in zwei unterschiedlichen Hierarchien. Ich denke, sie beide müssen das Militär abschütteln. Entweder sie können sich gegen ihn durchsetzen oder sie sagen mir wenigstens Bescheid, wenn das noch einmal vorkommt. Dann muss ich eine Lösung finden. Ob die ihnen beiden gefallen wird, kann ich nicht versprechen.“ „Ja, Sir. Danke Sir.“ Sie stand auf und folgte dem Marschall auf ihr Schiff. Als sie den Raum verließ, kam John rein. „Was war das? Dicke Luft?“ Ich sah ihn verzweifelt an: „So in etwa. Marschall Kontess spielt immer noch Oberst und sie lässt sich das gefallen. Und ihm passt das ‚Geduze‘ unter den Leuten nicht.“ John sah mich verwundert an: „Im Ernst? Und damit kommen die zu dir?“ Ich nickte. „Ich kann ja ein paar Tage mit ihm tauschen. Dann klär ich das da drüben und du hier.“ Ich konnte wieder lächeln. Das war mein John. „Die Idee gefällt mir, aber wir warten erst mal ab. Ich habe ihnen schon etwas dazu gesagt.“ „Na, da bin ich aber gespannt.“ Er rieb sich schon die Hände.

*

Tollax